Theosophen werden öfter mit dem Vorurteil konfrontiert, eine abseitige quasi exotische Botschaft zu kolportieren: Ihre Lehren von Reinkarnation und Karma seien im Grunde nicht mehr, als eine verwestlichte Form hinduistischer und buddhistischer Ideen.
Geht man aber den Entwicklungsspuren der frühen Theosophie im letzten Viertel des 19. Jhdt. nach, ergibt sich ein völlig anderes Bild. Schon die Entschleierte Isis Helena P. Blavatskys bemüht sich anhand gnostischer und apokrypher Quellen, einen esoterischen Kern des Christentums zu erschließen. Dr. Franz Hartmann, Annie Besant und C.W. Leadbeater verdanken wir weitere intensive Recherchen und Studien, die die esoterischen und mystischen Tiefen christlicher Spiritualität auszuleuchten versuchen. Besants Esoteric Christianity kann man als Kulminationspunkt dieser Bemühungen betrachten.
Wer von dieser Vorarbeit am meisten profitierte, war der deutsche Philosoph und dann ab 1902 Theosoph Rudolf Steiner. Allerdings unterschied sich sein Weg in gravierender Weise von der Perspektive der Theosophie: Er gibt den universalreligiösen Standpunt der Theosophie auf, indem er den bewusstseinsgeschichtlichen Vorrang des Christentums postuliert. Erst das ist die Geburtsstunde der Anthroposophie.
Nach intensivem Studium vielfältiger Quellen von Blavatsky bis hin zu Steiner versuche ich diesen Erkenntnisprozess der modernen Theosophie aufzuzeigen. Er eröffnet uns ein tieferes Verständnis des Christlichen – jenseits der rationalistischen und exoterischen Theologie der heutigen Kirchen.
In seinen Urquellen zeigt sich, dass der historische Befund der Jesus-Biographie einen mystischen und kosmischen Hintergrund zu offenbaren vermag.